03. August 2012 – Happy End in Ulan Batar
Während Sarah in Berlin ein neues Mongolei-Visum organisiert, damit ihr nicht wieder die Einreise am Flughafen verweigert werden kann und Vladja weiter um seine Ausreisegenehmigung bangt,
schlagen wir mal wieder Wartezeit tot. Nico kümmert sich ausgiebig um Black Beauty und ersetzt Verschleißteile, die unter den mongolischen Straßen mehr als gelitten haben.
Ich vertreibe mir die Zeit unter anderem mit einer kleinen Fahrradtour durch Ulan Batar.
So nach und nach lernen wir unseren Kiez schon wieder kennen, wie in Shanghai; den Nomin-Supermarkt, die 999 Fast-Food-Kantine, unsere Parkplatzvermieter erzählen uns den ganzen Tag lang Sachen,
die wir nicht verstehen und abends treffen wir uns im Zimmer 213 und tauschen die Ereignisse des Tages aus.
Am Donnerstagabend ruft Vladja wie immer an, dass er zu Hause ist und wir rum kommen sollen. Doch diesmal gibt es kein Abendbrot, die elektrische Pfanne verschwindet in einem riesigen Koffer,
Vladja packt. Er hat vor ein paar Stunden ein Flugticket gebucht und hofft, morgen nach Hause fliegen zu dürfen. Und zwar mit dem Flieger, mit dem Sarah kurz vorher ankommen wird und dann
hoffentlich mit unseren Pässen im Gepäck einreisen kann.
Freitag Morgen um fünf fährt Nico Vladja und Albert samt Gepäck zum Flughafen (in der Mongolei sind immer mehr Passagiere als Sitze in den Fahrzeugen) und kommt mit Sarah im Gepäck zurück. Happy
End! Die Tigerbus-Crew ist wiedervereint, wir halten unsere Pässe samt Russenvisa in den Händen und per Telefon kommt eine Nachricht von Albert: er und Vladja sitzen beide im Flieger, der gleich
Richtung Russland und dann Europa startet.
Das haben auch wir vor. In den nächsten 2 Tagen wird der Tigerbus wieder startklar gemacht. Am Samstagabend essen wir eine letzte Suppe in der 999 Kantine und verlassen dann zusammen Ulan Batar in Richtung der russischen Grenze.
Die letzten 300km präsentiert sich die Mongolei nochmal von ihrer schönsten Seite. Auf einer guten Asphaltstraße rollen wir zügig durch grüne, hügelige Landschaften, Ger-Siedlungen und Pferdeherden.
30. Juli – Zimmer 213
Wir sind nach Ulan Batar gefahren, um Sarah zu empfangen, die heute mit neuem Tigerbus-Getriebe und unseren Pässen mit Russland-Visa zurückkommen sollte. Damit wären wir dann so gut wie startklar, um Richtung Baikalsee weiter zu reisen. – So der Plan. Doch warum sollte ab jetzt alles planmäßig verlaufen?
Das Desaster am 30.Juli:
Tief wie der Baikalsee sind die Pfützen ums SOD Hotel in Ulan Batar, wo man auch ohne Pass und Rechnung ein billiges Zimmer bekommt. Nass wie die begossenen Pudel stolpern wir durch den
Dauerregen ins Zimmer 213. Hier haust seit Monaten der Tscheche Vladja, der die Mongolei seit mehr als 8 Wochen nicht verlassen darf. „You want something to
drink? I just have vodka“, begrüßt er uns. Hier finden wir auch Martin, der einen Vodka am nötigsten hätte (aber keinen trinkt). Während wir also Vodka trinken und Martin versucht, mit
Sarah in Kontakt zu bleiben, kocht Vladja mit einer elektrischen Pfanne auf einem Regal im Hotelzimmer was zu Essen und immer wieder kommen Leute vorbei, deren Beziehungen zueinander wir nicht
ganz nachvollziehen können…
Vladja wartet seit Monaten auf sein Strafverfahren, nachdem er eine Jagd-Trophäe mit nach Hause nehmen wollte, die nicht ausgeführt werden darf. Martin ist der einzige im Raum, der im Besitz von
Visa und Pass ist und die Mongolei verlassen könnte, wenn sein Fahrzeug ein laufendes Getriebe hätte. Tja und wir haben keine Pässe. Denn Sarah, die heute Morgen um 6 mit Pässen und Getriebe im
Gepäck gelandet ist, wurde aus reiner Willkür und bar jeglicher rechtlichen Grundlage die Einreise in die Mongolei verweigert. Die mongolischen Einreise-Beamten haben nicht einmal ein Telefonat
vom deutschen Konsul persönlich angenommen und Sarah stattdessen binnen 30 Minuten in den nächsten Flieger gesetzt, der die Mongolei wieder verließ. Erst im Flugzeug erfuhr sie, dass sie nach
Moskau fliegt. Nun sitzt sie ohne gültiges Russland-Visa im Transit-Bereich des Moskauer Flughafens und muss zurück nach Berlin. Martin versucht verzweifelt, ihr einen Flug zu buchen und sie per
sms und Chat ein bisschen aufzubauen und wir spielen mit ihm alle möglichen Lösungsszenarien durch. (Sarah's Blog findet Ihr übrigens hier)
Vladja kennt das Spiel, er ist bereits so weit, über gefälschte Pässe und grüne Grenzen nachzudenken. Albert meint, dass die Einreisebehörde Ulan Batar leider bekannt für derartige Schikanen
sei.
Nach ein paar Verzweiflungs-Vodka schaue ich so in die Runde im Zimmer 213 des billigen SUD Hotel in Ulan Batar: was für Typen, was für Geschichten, in welchem schlechten Film sind wir jetzt
eigentlich?
Lichtblicke am 31.Juli:
Der Dauerregen hat aufgehört.
Vladja bekommt einen Anruf, dass seine (relativ überschaubare) Strafe festgesetzt ist, er sie gleich bezahlen kann und voraussichtlich noch diese Woche pünktlich zum Geburtstag seiner kleinen
Tochter zurück nach Tschechien fliegen kann.
Sarah ist unterdessen nach mehreren Tagen Odyssee ohne Einreisegenehmigung und Visas wieder in Berlin gelandet. Hier erfährt sie, dass Ihr Gepäck noch in Ulan Batar steht – das ist das größte
Glück im Unglück, was passieren konnte. Das Tigerbus-Getriebe ist näher als wir dachten, sofort eilen Nico und Martin zum Flughafen und diesmal ist es zu unserem Vorteil, dass die Mongolen Recht
und Gesetz immer so nehmen, wie es ihnen gerade passt. Ohne Flugticket oder Ausweispapiere bekommt Martin tatsächlich Sarahs verlorenes 40-kg-Gepäckstück ausgehändigt. Damit sind immerhin die
Sorgen um Einführung und Verzollung von Autoersatzteilen hinfällig und Sarah muss kein Übergepäck mehr schleppen und bezahlen, wenn sie das nächste Mal Anlauf nimmt, zurück zu kommen. Das ist in
Berlin auch bereits in Arbeit. Ungeachtet aller mentalen und physischen Strapazen (Sarah ist seit Sonntag unterwegs, heute ist Dienstag), war sie gleich bei der mongolischen Botschaft, um diesmal
ein Visum im Voraus zu bekommen (was deutsche Staatsbürger eigentlich nicht bräuchten).
Am Abend schwinge ich die elektrische Pfanne in Vladjas Hotelzimmer und alle haben schon wieder besseren Appetit (vor allem Martin).
29. Juli – Asphalt vs. Offroad-Action
60km hinter dem Terkhiin Tsagaan See stoßen wir auf eine gute, neue Asphaltstraße. Ich hätte nicht gedacht, dass ich das mal sagen würde und den Asphalt lieber gegen die vermeintlich abenteuerlicheren Offroad-Pisten eintauschen will, aber nach 8 Tagen auf material- und nervenfressenden mongolischen Straßen atmen wir auf und machen an diesem Tag noch gewaltig Strecke bis zur alten Hauptstadt Karakorum.
Dort besuchen wir natürlich die einst imposante Klosteranlage Erdene Zuu mit ihren 108 Stupas und die Steinschildkröten, das
einzige, was vom alten Karakorum noch übrig ist.
Weiter auf dem Weg nach Ulan Batar liegt noch ein etwas verschlafeneres Kloster, wo wir einen Mittagsstopp einlegen.
Doch am späten Nachmittag zieht es uns dann doch wieder runter vom
Asphalt zum Berg Khogno Khan Uul , wo sich noch eine Klosterruine, ein paar kleine Tempel und zig Erdhörnchen verstecken.
Außerdem ist dies ein idyllischer Ort für unser letztes Camp vor Erreichen der Hauptstadt. Übermütig rumpeln wir also auf eine vermeintlich schöne Stelle zum campen zu und scheinen auf den paar
Kilometern Teerstraße gleich alle Offroad-Fähigkeiten verloren zu haben. Ich zeige Nico eine ebene Stelle zum Parken, jedoch nicht den besten Weg da hin. Nico übersieht die tiefe Auswaschung auf
der Beifahrerseite und rutscht mit Black Beauty direkt hinein. Unser Auto hängt in gefährlicher Schräglage und wir sind erstmal nicht sicher, wie wir da wieder rauskommen sollen. Dummerweise
funktioniert unsere Seilwinde nicht und selbst wenn uns jemand nach hinten rausziehen wollte, würde der Shorty einfach umkippen. Zudem türmen sich über uns dunkle Gewitterwolken auf, wenn es
jetzt noch einen Wolkenbruch gibt und mehr Wasser den Graben runter rauscht, in dem der Shorty hängt, haben wir ne amtliche Katastrophe.
Doch die gute Schule auf Calvert Hills und die vielen 4WD-Action-Magazine und DVDs machen sich bezahlt, Nico weiß was zu tun ist. Aus einem gemütlichen frühen Camp wird nun allerdings nichts.
Jetzt ist erstmal stundenlanges Schaufeln, Auto hochhebeln und Steine schleppen angesagt. Das letzte Ende des ausgewaschenen Wasserlaufs, in dem unser Auto hängt, entpuppt sich als ganz schöner
Canyon, wenn man gesucht, es mit Steinen zu füllen. Der Wettergott bleibt uns gnädig und nach einer Weile hat Black Beauty wieder festen Boden unter den Rädern. Wir klappen das Dachzelt aus und
kochen warmes Wasser, um nach dem ganzen Gewühle im Dreck erstmal zu duschen. Dann können wir unser vorerst letztes Bush-Camp in der Mongolei endlich genießen.
28. Juli – normale und weniger normale Reisetage (vom Khövsgöl Nuur zum Terkhiin Tsagaan Nuur)
Da sind wir also wieder unterwegs, Nico und ich und unser LandCruiser. Unser zu Hause ist das Dachzelt; unser Ziel, immer der Nase nach… So haben wir uns auf unserer Nord- und Zentral-Mongolei-Runde einen schönen Reisealltag angewöhnt. Da die Tage derzeit schön lang sind, brennt das Lagerfeuer zum Essen kochen erst spät und verglimmt oft erst gen Mitternacht. Um so länger schlummern wir morgens und trödeln mit dem Frühstück und Zusammenpacken meist noch ein bisschen rum, weil wir manchmal schon gar keine Lust mehr auf die zermürbenden Holperpisten hier haben. Bei aller Liebe zum Offroad-Reisen, aber die Wege in der Mongolei gehen nicht nur extrem aufs Material am Auto sondern zerren manchmal auch an unseren Nerven. Dennoch führen sie uns durch idyllische Gebirgslandschaften mit grünen Hügeln, bewaldeten Bergen und Tälern durch die sich Flüsschen schlängeln, hier und da grasen Vieh und Pferde und kleine Blockhaus-Siedlungen wechseln sich mit verstreuten Ger-Camps ab.
Unsere Durchschnittsgeschwindigkeit muss irgendwas um die 20kmh sein. Wenn wir 30 fahren können, sind wir froh, wenn wir 50 fahren, rasen wir extrem am Limit. Wir schaffen pro Tag oft nur 100km
oder gar weniger. Es dauert also Tage, aber irgendwann erreichen den blauen, klaren Khövsgöl Nuur See, an dem
Pferde und Yaks grasen. Hier verbringen wir ein paar Tage. An der Ost-Seite erklimmen wir mit Black Beauty über einen schmalen Weg durch wundervolle Wildblumenwiesen einen Berg und haben einen
grandiosen Ausblick über die Größe des Sees. Von unserem Camp am Westufer beobachten wir, wie schwarze Gewitterwolken über den türkisen See ziehen.
Doch dann gibt es auch weniger gewöhnliche Tage, wie gestern, wo alles anders ist als sonst.
Nico weckt mich nachts um vier, denn er findet unseren hübschen Campspot an einem Hügel bei Shine-Ider gar nicht mehr so hübsch. Um uns herum ist kein Baum oder Fels, wir sind mit unserem
Dachzelt die höchste Erhebung auf dem kahlen Berg, Ersatz-Treibstoff auf dem Dach und Gaskocher unter dem Auto … ein Gewitter zieht heran. Und wir haben die Naturgewalten in der Mongolei ja
gerade erst im Sandsturm und bei einem Gewitter über dem Khövsgöl Nuur erlebt.
Um zehn nach vier haben wir alles zusammen gepackt und verlassen Shine-Ider bei Nacht und Donnergrollen im Blindflug und fahren nur nach Navi.
Kurz nach Sonnenaufgang erreichen das nächste Dorf, durch das sich ein riesiges Schlammloch zieht. Wir wollen es am schmalsten Ende durchfahren. Müde wie wir durch unsere Nacht und Nebel Aktion aber noch sind, stellen wir uns dumm an und stecken in der schönsten Morgensonne mitten in der Ortschaft fest. Alle Steine und Bretter, die wir finden helfen nichts, das Loch war zu tief und es ist kein Baum für die Winde in der Nähe, dafür aber ein alter Ural-Tuck im nächsten Garten. Die Mutti rennt kichernd über unser Unglück in ihre Ger und weckt die Söhne, die das alte Monstrum ankurbeln, einfach durch den Schlamm fahren und uns raus ziehen. Wir bezahlen sie in Schokoriegeln, die sie dankbar annehmen und dann tuckern wir weiter.
So erreichen wir den Terkhiin Tsagaan See zu einer Uhrzeit, zu der wir an normalen Tagen gerade mal aufgestanden wären. Doch irgendwann holt uns doch tatsächlich das dämliche Gewitter wieder ein.
Nichts mit frühem, gemütlichem Camp, dann fahren wir eben weiter. Aber nach ein paar hundert Metern meint Nico: „Kennste die?“ – Rolf und Bettina, die in Ulan Batar am Immigration Office mit uns
gecampt hatten, kochen uns einen Tee in ihrer guten Reisemobil-Stube und wir haben so viel zu erzählen, dass irgendwann auch die Regenschauer vorbei sind und wie unser Dachzelt endlich ausklappen
und Abendessen kochen.
Doch nicht mal das Abendessen sollte an diesem Tag normal ablaufen. Denn neben Rolf und Bettina haben wir noch mongolische Nachbarn, die uns kurzerhand auf frische Lammspieße einladen und am Ende
mit Lammfleisch, Leber, Nudelsuppe und mongolischem Tee mit Keksen vollstopfen, während wir erzählen, wie es in Australien so ist.
Was für ein Tag, um vier vor dem Gewitter flüchten, um sechs in Jargalant im Matsch gesteckt, am Terkhiin Tsagaan Nuur mit mongolischen Campern Abendbrot gegessen und später mit Rolf und Bettina
bei einem Weinchen Reisegeschichten ausgetauscht.
20. Juli 2012 – sitzen wir bald in der Mongolei fest?
Nachdem Andi und Konny gen Westen aufgebrochen waren und Martin mit dem kaputten Tigerbus in Ulan Batar notversorgt war, konnten Nico und ich mal wieder als Duo die Welt bzw. im Moment die Mongolei unsicher machen. Seit Indonesien/Australien waren wir nicht mehr zu zweit unterwegs und verließen guter Dinge und bei schönstem Sonnenschein Ulan Batar Richtung Norden, Khövsgöl Nuur. Bis mal wieder ein Anruf mit einer Hiobsbotschaft kam.
Eigentlich hätten wir uns bereits am Dienstag wundern sollen, als wir die Visa Agentur König Tours aus der Wüste kontaktiert haben und sie meinten, dass unsere Pässe noch nicht angekommen seien. Doch die Jungs waren besorgter um das Tiger-Getriebe und ich war gesundheitlich ein bisschen angeschlagen, so dass wir ganz vergessen haben, uns weiter die Köpfe darüber zu zerbrechen, bis jetzt. Nico’s Mutti hatte sich mit Versicherungen und Visaagentur in Verbindung gesetzt, um unsere mongolische Handyrechnung oder gar Satellitentelefonrechnung nicht zu sehr zu strapazieren. Nun rief sie an und meinte: „Eure Pässe hängen beim deutschen Zoll fest“. Wir hatten unsere Visa-Neubeantragung mit Passversand nach Deutschland genau geplant und damit gerechnet, dass wir die Pässe mit Touristenvisa für Russland um den 26. rum zurück haben sollten. Aber dass nun der deutsche Zoll mit ähnlichem Bürokratie-Starrsinn wie in China kommt und früher oder späte sogar auf dem Gewissen haben könnte, dass vier deutsche Staatsbürger ewig ohne Pass und irgendwann ohne gültiges Visum in der Mongolei fest sitzen, damit haben wir im Leben nicht gerechnet. Offenbar hatten wir die Zollerklärung unseres FedEx-Briefes an die Visaagentur falsch ausgefüllt und neben der Beschreibung „4 Passports“ einen Wert von 140,- Euro eingetragen (wir dachten, so einen Pass machen zu lassen kostet 35Euro, also mal vier). Eigentlich hätte ich sogar drauf kommen können, musste doch meine arme Familie die letzen 2 Jahre ihre Weihnachtsgeschenke aus Australien aus dem selben Grund nochmal bezahlen. Aber mit dem Vermerk „Reisepässe“, dachten wir, wäre alles erklärt. Um den Brief nun aber aus dem Zoll auszulösen, sollte eine Zollnummer beantragt werden, was bis zu 3 Wochen dauert. Nummern beantragen und wochenlang warten, wie in China! Doch dank „Reiseorganisations-Außenstelle E. Lüttschwager“ und den Mitarbeitern von König Tours, erhielten wir nach dem Wochenende erleichtert die Nachricht, die Pässe wurden an König Tours zugestellt, bekommen nun im Expressverfahren innerhalb eines Tages die ersehnten Russland-Visa und machen sich dann auf den Rückweg zu uns. Ich kann derzeit zwar noch nicht sagen, wie und warum sich am Ende alles gelöst hat, aber wir sind heilfroh und möchten König Tours und natürlich der Mutti nochmal herzlich für ihren Einsatz danken.
16. Juli 2012 - 6 Tage Wüste
…
(Bilder Wüste Gobi)
Nachdem in Ulan Batar so weit alles erledigt war, stachen drei Wüstenschiffe in See. Der Tigerbus hatte sich zum weißen Wombat und Black Beauty gesellt.
Dass Wüsten nicht nur Sanddünen sind, habe ich ja bereits auf der Canning Stock Route gelernt. So präsentiert sich auch die Wüste Gobi extrem facettenreich und begegnet uns mit vielen
Überraschungen und Abenteuern.
Der Ziegenhirte bei Baga Gazarin Uul
Ein paar Stunden südlich der Hauptstadt verlassen wir die sogenannten Hauptstraßen (die sowieso nicht besser sind als Schotterpisten) und biegen ab zur Felsformation Baga Gazarin Uul. Auf dem Weg
muss Martin noch ein paar Bayerische VW-Syncro-Touristen aus dem Sand ziehen. Wir dachten ja schon, wir sind manchmal blauäugig, aber wie diese Herrschaften in der Wüste unterwegs waren…
naja.
Nach hunderten Kilometern durch karge Steinwüste und Steppenlandschaften, tun sich in der Abendsonne vor uns plötzlich beeindruckende Felsgebirge auf. Wir spekulieren, ob dies nicht der
eigentliche Drehort von „Herr der Ringe“ gewesen sein könnte.
Dann suchen wir den höchsten Berg und die Mineralquellen und finden ein Touristen-Camp, wo wir heiß duschen können. Wir haben einige Tage lang in der Hauptstadt nicht geduscht, aber mitten in der
Wüste…
Als sich die Sonne hinter den Bergen versteckte, wollten wir unser Camp zwischen den Felsen aufschlagen. Noch während sich unsere 3 Fahrzeuge in Camp-Position bringen, kommt der örtliche
Ziegenhirt an und ist grimmig, dass wir das Gras für seine Ziegen mit unserem Camp zerstören wollen. Wir bieten ihm Kekse, Zigaretten und Bier an (die Kekse verschmäht er) und zeigen ihm unsere
mobilen Häuser und unser Ger auf dem Autodach. Er scheint zufrieden zu sein, dass wir keine Zelte ins Gras stellen oder ihm schmeckt einfach das Bier zu gut. Jedenfalls ist plötzlich alles schön.
Er dreht noch eine Runde mit Martin’s Klappfahrrad und hilft uns dann, eine Feuerstelle zu bauen. Endlich - das erste wirklich idyllische Camp seit Australien und sogar mit genehmigtem
Lagerfeuer.
Am nächsten Morgen finden wir mit Hilfe des örtlichen Rangers auch die Höhle und eine winzige Mineralquelle (ein Faustgroßes Loch voller Wasser im Felsen) und beobachten die niedlichen
Pikas (eine Art Maus, die aber genau genommen zur Familie der Karnickel gehört).
Eis und Pannen in den Schluchten Yolyn Am und Dugany Am
Von den Felsen geht es ins ewige Eis - naja fast. Bis in die späten Sommermonate hinein hält sich nämlich in der tiefen und schattigen, aber wunderschönen Yolyn Am Schlucht das Eis des harten
mongolischen Winters.
Doch während wir auf die Berge und Schluchten zu fahren, haben wir einmal zu viel Pikas am Wegesrand beobachtet und sind wohl in einen Stahlstift gefahren. Kurz vor der Schlucht lahmt Black
Beauty, wir haben einen Platten. Als wir das Rad wechseln, meint Martin, der Tiger schnurrt nicht mehr ganz richtig, es scheint was am Getriebe zu sein. Das klingt alles gar nicht gut, aber
erstmal vertreibt eine kleine Wanderung durch die wirklich sehr schöne Schlucht alle Gedanken an Pleiten, Pech und Autopannen. Andi, Konny und Steph reiten mit kleinen mongolischen Pferdchen zur
Schlucht (Andi scheint den Leithengst bekommen zu haben, er kriegt ihn jedenfalls nicht mehr in Low-Range).
Später am Tag koche ich Senfeier und die Jungs nehmen die Fahrzeuge auseinander; reparieren, kontrollieren und improvisieren wohl auch ein bisschen, denn die nächste Schlucht wartet schon auf
uns.
Unser Weg Richtung Sanddünen soll durch den kleinen, engen Dugany Am Canyon führen. Wir folgen einem kleinen Bachlauf bis die Felswände teilweise gerade so weit auseinander stehen, dass unsere
LandCruiser und der VW-Bus durch passen, unbeschreiblich.
In den Sanddünen
Martin’s Tigerbus, oder besser sein Getriebe, bereitet den Jungs immer noch Kopfschmerzen. Deshalb fährt auf dem Weg zu den Sanddünen Auto-Doktor und Seelsorger Nico eine Weile bei Martin mit.
Ich genieße so lange eine landschaftlich atemberaubende Fahrt mit lauter Musik und großer Staubwolke hinter mir und Black Beauty. Über die weite Ebene hinweg tun sich südlich Berge auf und
nördlich irgendwann die ersten gelb schimmernden Sanddünen. Immer wieder laufen mir Kamelherden über den Weg. Einfach fantastisch.
Wir beschließen, früh an den ersten Sanddünen zu campen. Doch bevor die Klappstühle rausgeholt und das Zelt aufgebaut werden, müssen wir erstmal eine Weile mit den Autos im Buddelkasten spielen.
Getriebe hin oder her, der Tigerbus macht’s vor, wie man so einen Sandhügel hoch kommt. Der weiße Wombat schafft es anfangs nur fast, der Reifendruck ist noch zu hoch. Black Beauty fehlt
es ein bisschen an Power. Nach einigen Anläufen galoppiert Nico aber nach oben. Frau Neumann mit dem richtigen Tipp (2nd Low Range Vollgas – hätte ich natürlich sowieso so gemacht) gleich beim
ersten Versuch, einfach hoch. Die Spaßpolizei (Konny) rümpft über unsere Stunts die Nase, stößt aber auf taube Ohren, stattdessen lässt Andi am Ende doch die Luft aus den Reifen und bringt den
Troopy solide auch die Düne.
Doch dieser kleine Sandhügel war nur winzig, am nächsten Tag erreichen wir die großen Dünen, Khongoryn
Els. Hier kommt kein LandCruiser drüber. Diese Dünen sind einfach gigantisch. Sie zu Fuß zu erklimmen, verlangt den Jungs alles ab. Auf allen vieren kriechen Nico, Andi und Martin nach oben.
Ich gebe mich mit dem tollen Ausblick von halber Höhe zufrieden. Konny versucht erst gar nicht, die Dünen empor zu steigen, sie bewacht so lange unser Mittags-Camp.
Getrennte Wege
Das war es es, das Highlight der Wüste Gobi, die singenden Sanddünen. Doch wie geht es von hier aus
weiter?
Andi und Konny wollten noch zu den Oasen im Westen. Martin macht sich Sorgen um sein Getriebe und will lieber auf kürzestem Wege (ca. 300km) zurück zu einer asphaltierten Straße. Nico und mich
holt das Organisatorische ein, wir müssten noch Dokumente für unsere Russland-Visas nachreichen und brauchen Internet.
Für Martin und uns ist Arvaikheer das nächstbeste Ziel, während Andi & Konny eine Münze werfen und auf eigene Faust Kurs auf die westliche Wüste nehmen.
Andi und Konny sind auf dem Weg zu den gekennzeichneten Sehenswürdigkeiten, doch auch wir sind auf der nicht markierten Strecke hin und weg von der Schönheit der Wüste Gobi. Einen Abend fahren wir durch eine Steinwüste und glauben, gerade auf dem Mond gelandet zu sein. Am nächsten Tag ziehen sich über grünen Wiesen vor blauen Himmel plötzlich dicke violette Wolken zusammen und ehe wir es uns versehen, stecken wir in einem Sandsturm und später in einem Wolkenbruch, nur um danach die schönsten Regenbogen über der Wüste zu sehen.
Nach dem Sturm ist aus der Sandwüste eine Modderpiste geworden und wir rauschen durch den Matsch weiter Richtung Arvaikheer. Glücklicherweise haben wir schon in irgendeinem Kaff auf dem Weg Handyempfang und können die Visa-Agentur erreichen, die meint, unsere Pässe seien noch nicht da. Wir haben also noch Zeit, was gut ist, denn die Tracks sind gnadenlos und wir kommen langsamer voran als gedacht. Außerdem ging es mir an dem Tag nicht so gut, und ich bin froh, dass wir früh campen und ich zeitig ins Bett gehen kann, während Nico und Martin wie immer fachsimpeln und an den Autos oder der Elektrik oder sowas rum reparieren.
Getriebe im Ar** in Arvaikheer
Einen Tag später als ursprünglich angepeilt, erreichen wir Arvaikheer und damit die Asphaltstraße nach Ulan Batar. Unser Wüstentripp ist hiermit offiziell zu Ende.
Der Tigerbus hat bisher gut durchgehalten und Martin überlegt, uns auf der Teerstraße noch nach Karakorum zu begleiten. Alles ist schön. Wir gönnen uns einen
Gulasch in nem Restaurant, kaufen bisschen Brot und Käse für die Weiterfahrt und suchen dann ein Camp in den umliegenden Bergen. Über Stock und Stein suchen wir nach einem windstillen Plätzchen
zwischen den Hügeln. Als wir es fast gefunden haben und die Autos eigentlich nur noch in die Camp-Position bringen wollen, gibt der Tigerbus auf – das war’s mit dem Getriebe. Regenwolken ziehen
auf, die Nacht wird kalt und nass und Morgen müssen wir 3,5 Tonnen Tiger 400km nach Ulan Batar ziehen.
Immerhin auf Asphalt. Albert kümmert sich schon um einen Parkplatz für den Patienten in der Innenstadt. Und wir ändern unsere Route ein bisschen.
10. Juli 2012 – Geburtstagsparty
Nico’s 31. Geburtstag findet vor dem mongolischen Einwanderungsbüro statt. Es gibt Sacher-Torte vom deutschen Bäcker, mongolisches Bier und tschechisch/mongolisch/deutsche Gäste.
Neben dem weißen Wombat und unserem Shorty parkt nun auch wieder der Tigerbus. Und dann tauchten noch die
deutschen Reisenden Rolf und Bettina (www.sparthmann.de) auf, die ebenfalls zur Visa-Verlängerung mussten und unser Camp ganz praktisch
fanden. Unser neuer Freund und mongolischer Fixer Albert hat noch einen tschechischen Kumpel mitgebracht und so ist die Geburtstagsgesellschaft vollständig.
Martin sorgt für das erste Lagerfeuer seit Ewigkeiten. Er hat für solche Zwecke immer einen Beutel trockenen Kuhdung parat und die beiden Tschechen schleppen von irgendwoher noch ein wenig
Brennholz an (ich vermute das Einwanderungsbüro hat jetzt ein paar Zaunlatten weniger).
Wer feiert so schon seinen Geburtstag?
9. Juli 2012 – Organisatorisches
Der chinesische Bürokratismus hat uns mehr als 25 Tage Verspätung unserer Reise beschert. Deswegen laufen unsere Russland-Visa nun viel zu bald aus und wir kommen nicht drum herum, uns neue zu
besorgen. Doch deutsche Staatsbürger können sie ausschließlich in Deutschland bekommen oder in dem Land, in dem sie sich mehr als 90Tage aufhalten - und so lange waren wir dann zum Glück doch
nicht in China.
Das heißt, wir müssen unsere Pässe nach Deutschland schicken. Da an diesen Trip vor 2 Jahren noch nicht im Traum zu denken war, haben wir leider keine 2 Pässe, die das Prozedere erheblich
vereinfacht hätten. Um nicht ganz ohne Papiere dazustehen, lassen wir uns in der deutschen Botschaft Pass-Kopien beglaubigen (18.000 Tögrög). Außerdem
verlängern wir unsere Mongolei-Visa, für den Fall, dass der Passversand länger dauert als erwartet, damit wir nicht ohne Pass und ohne Visa in der Mongolei sitzen (120.000 Tögrög). Dann suchen wir das FedEx-Büro Ulan Batar, um unsere Pässe nach Deutschland zu schicken. Zum Glück haben Martin und Sarah vom Tigerbus das Büro bereits 2 Stunden lang gesucht (um ihre Pässe mit Russen-Visas abzuholen, übrigens) und können uns
nun zeigen, in welche Baustelle wir durch den Kellereingang müssen, um dann im 2. Stock in einem alten Hotelzimmer FedEx zu finden. Für 40US-Dollar wird unsere Sendung noch kurz vor – na
eigentlich kurz nach – Feierabend entgegen genommen und wir haben das Organisatorische tatsächlich in einem Tag geschafft.
Nun können wir erstmal nur abwarten, bis unsere Pässe mit den Russland-Visa (300 €) zurück kommen und so lange die Mongolei genießen.
8. Juli 2012 – der Weg nach Ulan Batar
(Bilder Ulan Batar und der Weg da hin)
Während wir im ersten mongolischen Ort unseren Goulasch essen, fällt ein starker Schauer. Das ist wohl ein Omen, dass die Wüste Gobi und die Pisten hier ganz schön nass sind, was uns weniger stört, im Gegenteil, es ist schön, endlich wieder mit dem Auto im Dreck zu spielen und nicht die Reifen auf endlosen Asphalt-Autobahnen wegzuradieren.
Komischerweise schienen die Einheimischen weniger auf den großen Matsch eingestellt zu sein, alle Nase lang
steckte jemand im Modder. Doch wir sind natürlich für alle Eventualitäten gerüstet und konnten einige dankbare Mongolen aus dem Matsch ziehen. Dadurch waren wir am Ende aber so spät dran, dass
Albert bei Sonnenuntergang an einem Ger-Camp fragte, wie weit es bis zum nächsten sei: zu weit, wir sollen lieber da bleiben, meinte das Eherpaar, und tafelte für uns Tee, Brot, Marmelade und
Stutenkäse auf.
Unsere erste Nacht in der Mongolei dürfen wir in einem Nomaden-Camp verbringen und unser Dachzelt zwischen ihren Kuh-, Ziegen- und Schafherden aufschlagen. Die Kühe fanden das übrigens ganz praktisch und schubbern sich mitten in der Nacht an unserer Stoßstange, na es ist ja auch eine Bull-Bar….
Wir brauchen zwei Tage vom Grenzübergang Erenhot nach Ulan Batar. Am nächsten Abend erreichen wir über schlechte Dreckpisten
und ein paar wenige staubige Ortschaften die Hauptstadt und kämpfen uns durch den ewigen Stau zum Immigration Büro.
Dort campen wir, weil wir morgen früh sofort hin müssen und all unsere Behördengänge, die mit der Neu-Organisation der Russland-Visas zusammen hängen, noch schnell vor dem Nationalfeiertag
erledigen müssen.
7.Juli 2012 – Einreise Mongolei
Nach all den Komplikationen in China, ging es bei der Ausreise auf chinesischer Seite am Ende ganz schnell. Als es dann endlich mal so weit war, denn bis dahin mussten wir noch 3 Tage im
Grenzort Erenhot verharren.
Doch diese letzte Verzögerung schien einen tieferen Sinn zu haben, denn als wir endlich an der Ausreise-Abfertigung standen, war da plötzlich Albert wieder, den wir neulich am Supermarkt
kennengelernt hatten. Noch ehe es sich alle versahen, war Albert unser neuer Shang. Er zieht hinten in Andi & Konny’s Troopy ein, organisierte für uns kurz hinter der Grenze in einem
Supermarkt/Versicherungsbüro die Haftpflichtversicherung für die Autos und wir können ihn auf dem Weg nach Ulan Batar mit Übersetzungen und Fragen zu Land und Leuten nerven.
Die Einreise in die Mongolei war sehr chaotisch. Konny und ich versuchen einzeln einzureisen, während die Jungs neben der eigenen Einreise auch noch unsere Autos importieren müssen. Doch alle brauchen wir irgendwelche Papiere, von denen uns keiner zu verstehen geben kann, wo wir sie her bekommen. Die Mädels brauchen grüne Einreisekarten. Die Jungs ein weißes Zettelchen für die Einfuhr der Autos. Wir rennen von einem Häuschen zum nächsten Schalter und wieder zurück. Dann tauchen plötzlich wie aus dem Nichts ein paar englisch sprechende Zollbeamte auf und ab da klappt alles prima. Die Beamten rufen am Häuschen für die Auto-Zettel an, dann kommt uns ein Mädchen mit unserem Papier entgegen. Die grünen Arrival-Cards organisiert der Zollbeamte von einem Reisebusfahrer, der sie normalerweise an seine Passagiere austeilt. Keine Ahnung, wo sie offiziell zu bekommen sind, aber am Ende hatten wir alles, was wir brauchten, stellten uns nochmal an der Schlange an und reisen offiziell in die Mongolei ein. Auf mongolischer Seite sacken Albert ein und fahren erstmal bis zur ersten Ortschaft. Dort organisiert Albert für uns wie erwähnt die Versicherung. Am Grenzübergang selbst gab es sie nicht und wir wären ohne ihn ziemlich aufgeschmissen gewesen. Allerdings wundert er sich, warum wir so bedacht auf eine sofortige Versicherung sind, denn er meint, es wäre unmöglich, auf dem Weg nach Ulan Batar in ein anderes Auto zu fahren; in irgendwas vielleicht, aber nicht in ein anderes Auto…
Wir essen noch einen tollen Goulasch und sind hingerissen vom Angebot deutscher Produkte in mongolischen Supermärkten: Gewürzgurken, Delikatess-Senf, richtiges Brot, Wiener Würstchen, Apfelmuß….
sowas haben wir ja seit über 2 Jahren nicht mehr gesehen.
Dann geht’s ab auf die Dreckpisten der Mongolei bzw. auf die „Fernstraße“ nach Ulan Batar.