26.11.2011 – Perth, Fremantle und Umgebung
Das moderne Perth erinnert mich an den Potsdamer Platz in Berlin, die alte Hafen- und Strand-Vorstadt Fremantle an Potsdam. Wir sind hier einige Runden durch die Stadt gebummelt und haben uns langsam auch wieder auf Jobsuche begeben.
Aber wie es schon zu Hause in Berlin so war, wenn man Zeit und schönes Wetter hat, fährt man lieber ins Umland. Nach einer Woche sind wir aus Fremantle abgehauen und seit dem ein bisschen
rumgereist. Die nähere Umgebung von Perth ist wunderschön, hügelig, bergig mit großen grünen Bäumen. Warum ich große grüne Bäume erwähne? Weil diese während unserer Reise durch die Wüste und
Pilbara nicht ganz selbstverständlich waren, dort waren die Büsche oft nur kniehoch. Hier dagegen gibt es richtige Wälder, die mitunter gespenstisch aussehen, mit dichten knörkseligen Bäumen und
sonderbaren Grasbäumen und Farnen und in der Mittagshitze verbreiten sie den typischen Eukalyptusgeruch.
Doch wie es aussieht, werden wir Weihnachten nicht am Strand von Fremantle verbringen können, sondern nur den ersten Advent. Ab nächster Woche heißt es nämlich wieder arbeiten und Geld verdienen, 200km landeinwärts, im sogenannten „Wheatbelt“ (Weizengürtel) Westaustraliens.
12.11.2011 – unsere Stationen von Exmouth bis Perth
Auch nach Verlassen des Ningaloo-Riffs um Exmouth herum begleiten uns die atemberaubenden Ausblicke aufs azurblaue Meer und die verschiedenen Formationen der Westküste, die es jederzeit mit der berühmteren (weil besser zu erreichenden) Great Ocean Road aufnehmen können.
Auf unserem Weg nach Süden verweilen wir ein paar Tage an einer Fischerhüttensiedlung am Quobba Point.
Wir kommen durchs hübsche Carnarven, wo wir ein paar Erledigungen machen und unter anderem eine Angel kaufen. Damit sollen Nico und Jens an der Shark Bay nen Haufen Fische fangen, die wir in
einem Festmahl an einer der vielen Buchten auf der Shark-Bay-Halbinsel verspeisen.
Die westlichste Stadt Australiens, Denham, ist ein niedliches, verschlafenes Kaff.
Kalbarri weiter südlich ein aufgeräumtes Örtchen im Kalbarri Nationalpark, wo gerade Wildblumensaison ist und alle Büsche und Sträucher Blüten in verschiedensten Farben und Formen tragen, die
Fahrt durch den Nationalpark ist somit wunderschön.
Geraldton ist die erste größere Stadt, die wir passieren. Solch eine Großstadt hat für uns Outback-Reisende viele Tücken. Zum Beispiel mehrspurige Straßen und Ampeln und man steht in der falschen
Spur. Und dann gibt es so viel zu sehen, dass Frau Neumann gegen hinterhältige Straßenschilder läuft, die einfach auf dem Gehweg stehen, Resultat: Beule am Kopf und viel Gelächter.
Am Cliffs Head verweilen wir einmal mehr länger als geplant, da die gesamte Reisegruppe noch keine Lust auf Perth und damit Arbeitssuche hat. Wir verbringen lieber einen weiteren Tag am Meer mit
Lesen, Schreiben, Faulenzen.
Die Pinnacles, etwas nördlich von Perth waren definitiv noch ein Highlight. Ich hatte ein paar schmale Felsen im Sand erwartet und war beeindruckt, auf welch weitem Gebiet die mitunter riesig
hohen Säulen aus den gelben Sanddünen ragten, während der Strand am Horizont weiß vor dem blauen Meer liegt.
In Lancelin wollte Nico noch ein bisschen mit unserem Auto im Sand spielen, es gibt eine ausgedehnte Allradstrecke durch die Dünen hier. Samstagvormittag ist jedoch ein schlechtes Timing, da
hatten die meisten Offroad-Freaks aus Perth die Idee, ihre aufgemotzten Karren und Motorräder hierher zu bringen und wilde Sau zu spielen, so dass wir unser kleines schwarzes „zu Hause“ lieber
nicht auf Kollisionskurs mit denen gebracht haben und stattdessen direkt nach Perth gefahren sind.
Wir erreichen die weihnachtlich geschmückte Hauptstadt Westaustraliens zu Mittag des 12.11.2011 bei strahlendem Sonnenschein und verbringen den Rest des Tages damit im Swan Valley und an der
Küste nach einer geeigneten Bleibe für Black Beauty und uns zu suchen. Am Ende landen wir wieder in Fremantle, der alten Hafenvorstadt Perths, die mich irgendwie an Potsdam erinnert und bauen
unser Camp für die nächsten Tage auf. Wir sind angekommen, die Reise entlang der Küste in den Süden Westaustraliens ist erstmal zu Ende.
06.11.2011 – westlichster Punkt Australiens
Nach Norden und Osten im letzten Jahr und Süden im Januar mussten wir nun natürlich zum westlichsten Punkt Australiens. Die Schotterpiste von der Shark Bay zum Steep Point, wie der westlichste
Punkt genannt wird, war größtenteils unspektakulär. Bis ein Schild darauf hinwies, man möge doch die Luft bis auf 20psi aus den Reifen lassen, um weiter zu fahren. Faul wie wir waren, haben wir
es erstmal ohne probiert und sind nicht weit gekommen: Sanddünen so weit das Auge reichte. Nach den roten Dünen der Great Sandy Dessert auf der Canning Stock Route, blendeten uns hier hellgelbe
Dünen entgegen.
Hinter der zig Kilometer lang gezogenen Dünenlandschaft wieder azurblaues Meer und verschlungene Buchten.
Was für uns eine unerwartet beeindruckende Szenerie war, war für die holländischen Seefahrer 1616 eine Enttäuschung. Nach ihrer Ankunft nördlich von unserem derzeitigen Standpunkt, stuften sie
das Land als unwirtlich ein und maßen Australien keinerlei Bedeutung zu. Ich kann sie schon verstehen, auch wenn wir fasziniert von den weiten Sanddünen waren, so sieht die karge Dünen-Vegetation
ungastlich aus. Was die Gegend so außergewöhnlich macht, ist die Küste und die bestechende Farbe des Meeres. Dies jedoch, dürfte für eine Schiffsmannschaft nach monatelanger entbehrungsreicher
Zeit auf See wohl eher belanglos gewesen sein.
Es sollte bis 1770 dauern, als Cpt. Cook den Kontinent an der östlichen Küste erreichte und damit offiziell für England „entdeckte“.
Wir erreichen die westlichste Rangerstation Australiens am späten Nachmittag des 05. November. Hier gibt uns die Rangersfrau ein wunderschönes Camp am Strand, nachdem sie uns die Bilder von
Schnee und Eis in Alaska gezeigt hat, von wo sie gerade zurückgekommen ist. Dann machen wir uns auf den Weg zum Steep Point.
Er besteht aus beigenen Felsklippen, mit flachen Büschen bewachsen und von ein paar Kängurus bewohnt. Von hier schauen wir auf den weiten Indischen Ozean, der in der Ferne immer dunkelblauer wird
und stoßen mit einer Australien-tyspischen Bundi-Coke (Rum-Cola) an.
01.11.2011 – vom roten Dreck zum blauen Meer (Ningaloo)
Ein paar Wochen arbeiten in der heißesten Gegend Australiens, dem Pilbara, hatte sowohl Jens & Jenny wie auch Nico & mir (und unseren Konten) gereicht, um erstmal wieder Urlaub zu machen. Von der Arbeit im heißen, roten Staub zog es uns ans frische, blaue Meer.
Bereits ein paar Stunden nach Verlassen der Wyloo Station waren wir in Exmouth und die Jungs fuhren vor lauter Übermut erstmal beide Autos am Strand fest - endlich wieder Luft aus den Reifen lassen und die Winde rausholen, endlich wieder Urlaub!
Den überfüllten Cape Range Nationalpark haben wir einfach übersprungen (keine freien Camp-Plätze mehr) und
sind zur Ningaloo Station gefahren. Für Jens & Jenny und vor allem ihr armes Auto mal wieder ein Abenteuer, wies doch ein Schild kurz hinter dem Highway darauf hin, dass die Schotterpiste zur
Station und Küste nur für Allradfahrzeuge geeignet wäre. Aber alles kein Problem (no worries), hatte uns der nette alte Mann von der Station vorab am Telefon und später beim Finden eines
geeigneten Campspots versichert.
Ningaloo Station ist eine Schaf- und Ziegenfarm am südlichen Ende des Ningaloo Riffs, die wunderschöne Campspots zu günstigen Bushcamp-Preisen anbietet, was jedoch kaum jemand weiß, da sie
keinerlei Werbung oder Hinweisschilder haben.
Nun hätte ich fast geschrieben, dass ich noch nie zuvor solch ein türkisblaues Meer gesehen habe, aber ich glaube das hab ich schon mal geschrieben, über die Whitsundays oder Cape Leveque,…? Wie
auch immer, vor unserer Haustür, unserem Camp, hatten wir einen herrlichen Schwimm-, Angel- und Schnorchelstrand und der Staub der letzten Wochen war schnell vergessen, als ich mich im
türkisblauen Wasser zwischen bunten Fischschwärmen treiben ließ und riesige Schildkröten an mir vorbeizufliegen scheinen.
Die Schildkröten haben uns besonders fasziniert. Die meisten sind riesig und wir konnten sie an „unserem“ Strand nicht nur beim Schnorcheln, sondern auch beim Abendspaziergang im flachen Wasser
beobachten. Vor der Abreise bekamen wir von den Stationbesitzern noch den Schlüssel für einen anderen Strandabschnitt, wo sie meinten, wir könnten hier Turtles (Schildkröten) am Strand
beobachten. Außer uns war zwar kein Mensch da, aber den armen Schildkröten war unsere Anwesenheit sicherlich dennoch unangenehm, denn sie kamen zur Paarung her. Hier turtelten die Turtles was das
Zeug hielt und wenn nicht gerade ein Schildkrötenmann oder auch zwei einer behebigen Dame hinterherjagten, so sahen wir meistens Paare in inniger Umarmung im Meer schaukeln. Ein einzigartiges
Schauspiel, dem wir aber nicht allzu lange beiwohnen wollten und uns bald wieder davonstahlen und weiter reisten.
29.10.2011 – staubige Arbeit
„schick ich die Bewerbung jetzt wirklich ab? Nachher bekomm ich den Job noch“, Zitat Jenny - und genau auf diese Art und Weise sollten wir sie schneller wiedersehen, als wir dachten.
Wir hatten uns vorgenommen, langsam wieder nach Jobs zu schauen, wenn Michael eigener Wege geht. Also haben wir in Port Hedland eine halbherzige Bewerbung an eine Cattle-Station abgeschickt,
bekamen prompt Antwort, wir sollten vorbei kommen und Jens & Jenny sind auch hier. Das Wiedersehen war unverhofft und echt schön. Doch nach einem Tag, Pumpen und Windmühlen reparieren und mal
wieder Zäune bauen in Wyloo, wurden Nico und ich wo anders eingesetzt. Die Stationbesitzer haben Straßenbauarbeiten in einer nahegelegenen Eisenerzmine durchgeführt, das sollte unser neuer
Arbeitsplatz für die kommende Woche werden.
Auf einmal saßen wir auf Trucks und Maschinen, für die wir zwar keine Führerscheine hatten und die in Deutschland auch im Leben keinen Tüv mehr bekommen hätten, mit 2000l Gefahrengut auf der
Ladefläche. In der Mine selbst mussten wir jedoch jeden Morgen einen Sicherheits-Check-Zettel ausfüllen. Typisch Australien, alles ziemlich halbseiden und pro forma. Ebenso wie das Thema
Naturschutz und Mine zu dem Nico sicher noch was schreiben wird.
Letztendlich verbrachte ich 7 Tage à 12 Arbeitsstunden damit, stoisch mit einer Walze auf und ab zu fahren, nachdem die Jungs Schotter aus einem Loch gebuddelt und auf der Straße verteilt hatten.
Letzteres allerdings nur sofern die alten Maschinen nicht gerade wieder zusammengeflickt werden mussten. So waren die Arbeitstage waren unglaublich heiß, staubig und lang.
Aber das Camp, in dem wir untergebracht und verpflegt worden waren hat einiges wieder wett gemacht. Ein kleines Containerdorf, in dem versucht wurde, so viel Komfort wie möglich zu bieten. Doch
was für uns Backpacker Luxus ist, da wollen die Australier eigentlich nicht arbeiten. So hatten die kleinen Zimmerchen natürlich Klimaanlage, Kühlschrank und TV und die Verpflegung war einfach
erstklassig inkl. Garnelen, Muscheln etc., immer frisches Obst, Nachtisch, Eis und zur Feierabendzeit Cidre im Kühlschrank. Eine Woche hat man schon gut ausgehalten, aber zuletzt haben wir uns
auf die Weiterreise gefreut und waren froh, als es am Samstagmorgen hieß: „steht auf, wir fahren ans Meer!“, Zitat Jenny.
18.10.2011 - Karijini Nationalpark
Es ist schon fast schade, unsere Reisezeit ist im Moment so komprimiert, dass wir schon dachten „wieder ein Nationalpark mit Schluchten und Wasserfällen…“. Das Besondere am Karijini Nationalpark
waren die Wanderwege durch die Schluchten, die man eigentlich gar nicht als solche bezeichnen kann. Es waren vielmehr nur Markierungen, denen wir irgendwie zu folgen versuchten. Manchmal mussten
wir klettern und schon bald kamen wir trockenen Fußes nicht mehr weiter. Zuerst waren nur die Sohlen nass, dann ging‘s weiter bis zum Hosenbund und später bis zum Kragen. Die Schluchten waren oft
nicht breiter als einen Meter, manchmal ging es im Spinnengang voran, rechter Fuß und rechte Hand an einer Seite der Felswand, linker Fuß und linke Hand gegenüber, unter uns das klare Wasser, das
sich hinter der Enge in einen schönen Pool ergoss.
Die Weano Gorge war beeindruckend hoch, so dass die Sonne kaum bis nach unten kam und das Wasser ganz schön eisig war. Mir gefiel die Hancock Gorge besser, zwar weniger imposant, dafür konnte die
Sonne dort die roten Felswände in ein tolles Licht tauchen und das Wasser etwas erwärmen.
Manchmal war es mit Wasser-Muffel Nico ganz schön lustig, die Schluchten zu erkunden und er hat oft lieber den Kletterweg bevorzugt, während ich durchs Wasser geschwommen bin. Aber auf jeden Fall
ein tolles Erlebnis in einem der größten Nationalparks Westaustraliens.
noch ein paar Infos und mehr Eindrücke von der Canning Stock Route
Alfred Canning fand 1906/07 einen Weg, auf dem Vieh durch verschiedene Wüsten von Halls Creek bis ins ca. 1800km entfernte Wiluna getrieben werden konnte, sofern man 51 Wasserstellen (meistens
Brunnen) auf der Strecke errichten würde. Sofort nach der Erforschung dieses Tracks zog er mit einem Trupp aus 20 Mann, 62 Kamelen und 200 Ziegen für Milch und Fleisch los, um Brunnen zu bauen.
Vor genau 100 Jahren, 1911, wurde die erste Herde Rinder die Canning Stock Route herunter gebracht. Es war und blieb die längste Strecke, auf der man Vieh quer über den australischen Kontinent
trieb.
Heute ist sie die längste und einer der härtesten Offroad Strecken Australiens, wenn nicht sogar weltweit. Damit ist sie nicht nur für uns ein Abenteuer, sie wurde übrigens in diesem Jahr auch
von Mercedes Benz als Promotion-Strecke genutzt, um Journalisten das G-Modell schmackhaft zu machen (mehr hier). Mit dem Ergebnis, dass fast alle Stoßdämpfer und einige
Klimaanlagen den Geist aufgegeben haben. Oh Lord … da bin ich froh, dass wir einen 26 Jahre alten LandCruiser haben, der sich mit Nicos Pflege und Fürsorge wacker geschlagen hat. Wir
haben nur einen abgebrochenen Zusatzscheinwerfer, einen Platten, einen ausgeleierten Keilriemen, eine verlorene Schraube und am Ende eine zerrüttelte Batterie (die zweite Batterie) zu vermelden.
Wer denkt, die Wüste ist nichts weiter als eine Menge Sand, ein paar kratzige Büsche und ab und an ein paar Sträucher, der hat manchmal Recht, aber nur selten. Auch ich hatte bis vor kurzem diese
Annahme und habe befürchtet, die Canning wird nichts anderes als der Nullarbor mit einer
Durchschnittsgeschwindigkeit von 35km/h – total falsch! Die Wüste ist erstaunlich abwechslungsreich und die Canning Stock Route abenteuerlich zu fahren.
Einzig ein Vorurteil über die Wüste hat sich bestätigt: es ist heiß und zwar zur jetzigen Jahreszeit so richtig. Wenn der heiße Wüstensand zwischen FlipFlop und Fußsohle rinnt, habe ich das
Gefühl zu verbrennen und tanze zurück ins klimatisierte Auto.
Dann führt uns unser roter Sandweg manchmal durch Spinifexebenen mit vereinzelten schlanken Bäumen, dann durch Wälder aus dunklen, schattenspendenden Desert Oaks (Wüsten Eichen), manchmal säumen
grüne, halbhohe Sträucher den Weg oder die orange-roten Dünen sind mit lauter kleinen runden Büschchen bewachsen, gelblich grüne, silberblättrig weiße und zwischendurch lila blühende, die von
Weitem wie Lavendel aussehen.
Im heißen Sand sieht man allerlei Spuren von Insekten, Echsen, Kleintieren, Vögeln und Dingos oder Katzen bis hin zu Kamelen. Es flattert eine Vielzahl von Vögeln um uns herum, an Wasserlöchern
findet man unzählige Finken und kreischende Galas. Und auf dem Weg rennen oft aufgeregte Eidechsen vor unserem herannahenden Wüstenschiff davon.
So rumpeln und schaukeln wir von Brunnen zu Brunnen, über wellige Dünen, manchmal holprige Steine oder auch mal gleichmäßig durch kilometerlange ausgetrocknete Seen. Dann sind wir gespannt,
welchen Zustand die Brunnen-Ruine oder das Wasser in den restaurierten Quellen wohl haben werden. Oft ist von den einstigen Wasserstellen nicht mehr als ein rostiger Eimer übrig, manchmal sind
die Brunnen jedoch auch liebevoll restauriert und wir können Waschwasser auffüllen (genug Trinkwasser haben wir dabei und müssen kein Brunnenwasser abkochen).
Jeden Abend finden wir einzigartige Campspots an Brunnen, zwischen Dünen, auf Ebenen oder unter ein paar schattigen Bäumen. Spätestens hier stecken Nico und Michael auch täglich die Köpfe unter
die Motorhaube und kriechen unter die Autos, um alles zu checken, was auf der rauen Strecke in Mitleidenschaft hätte gezogen werden können. Es sind jedoch nur Kleinigkeiten und am nächsten Tag
erwartet uns wieder ein Tag Fahrspaß in der Wüste.
Einziges Problem, das vorher nicht zu kalkulieren war, ist der Treibstoffverbrauch im Sand. An Brunnen 33, kurz vor Kunawaritji beschließen wir daher, uns den Süd-Teil der Canning Stock Route für
ein andermal aufzuheben und stattdessen den wenig befahrenen Kidson Track nach Nord-Westen zu nehmen und damit die Great Sandy Desert (Große Sandwüste) noch einmal komplett nicht über,
sondern mit dem Verlauf der Dünen zu queren bis die Wüste aufs Meer trifft.
12.10.2011 – Wüstenschiff auf Kurs Canning Stock Route
8 Tage segelten wir mit unserem Wüstenschiff, der Black Beauty und Michael’s Hilux durch vier verschiedene Meere, die Tanami-See, Kleine und Große Sandwüste und das Gibson-Meer. Wir nehmen Welle für Welle/Düne für Düne mit voller Kraft voraus und haben meistens raue See , die den Steuermännern Nico und Michael einiges abverlangt und die Planken unserer Schiffe zum knarren bringt.
Aus dem Logbuch der NS Black Beauty:
05.10.2011
- Verlassen den Hafen in Halls Creek und nehmen Kurs auf die Canning Stock Route (CSR).
- Ankern kurz am Wolfe Creek Meteoritenkrater, dem zweitgrößten der Welt, 300.000 Jahre alt.
- Letztes Camp vor der CSR am Sturt Creek Billabong, Pferde morgens und abends am Wasserloch.
06.10.2011
- Tankstopp in Bililuna ist eine Odysee, da wir im Büro erst lustige Tankkarten zu bestimmten Werten erstehen müssen. Dennoch hübsche Gemeinde mit netten Leuten.
- Starten 10.00Uhr auf die CSR, Kapitän Nico und Kapitän Michael sind angespannt, Navigator und Koch Stephanie ist gespannt.
- Segeln entlang des surreal wirkenden Lake Gregor; auf der Ebene drum herum eine riesige Herde Pferde, vermutlich mehr als 50 Stück.
- Erreichen den ersten Brunnen (Well 51) ohne Probleme, Mittagsstopp am Brunnen 50, erste verdächtige Geräusche am Hilux, ein abgebrochener Zusatzscheinwerfer an der Black Beauty.
- Frühes Camp um 14.00Uhr an Brunnen 49 mit gutem Wasser. Noch zu heiß, um die Schiffe zu checken. Etwas später Radlager am Hilux getauscht.
- Erste Nacht in der Tanami-Wüste, es kühlt sich am Abend etwas ab, Sternenhimmel und bis auf zwei Grillen totale Stille.
07.10.2011
- Erklimmen um 8.00Uhr zu Fuß den Mt. Ernest/Chinaman’s Hat, zu späterer Stunde wäre es auch viel zu heiß für Ausflüge zu Fuß.
- Passieren danach das Breaden Valley.
- Erster wirklicher Wellengang (hohe Sanddünen), der uns von nun an begleitet.
- Mittagspause am Brunnen 45, Platten und Radwechsel.
- Am Nachmittag Gummigeruch an Bord, kurz darauf die verheerende Feststellung, die Klimaanlage verabschiedet sich, es sind gefühlte 50 Grad draußen. Kühlanlagen-Techniker Michael gibt jedoch nach
Check am Brunnen 43 Entwarnung, es könnte nur der Keilriemen sein, nicht der Kompressor.
- Camp zwischen Sanddünen um 16.00Uhr, Reifenreparatur und Riemen ausgetauscht (zum Glück hat Nico vorsorglich alle möglichen Ersatzteile inklusive Keilriemenset an Bord), die Black Beauty ist
wieder seeklar.
08.10.2011
- Erreichen Brunnen 41 zu Mittag, braunes, salziges Wasser. Füllen jedoch Waschwasser auf.
- Queren den trockenen Guli See, kein Seegang für mehr als 10km, kurze Erholung.
- Camp unter schattigen Gumtree-Bäumen kurz vor Brunnen 38.
- Öl-Leck am Hilux festgestellt, muss im nächsten Hafen behoben werden.
- Berechnen Treibstoffverbrauch und müssen eine Kursänderung in Erwägung ziehen. Die Dünenquerungen verbrauchen mehr als vermutet.
09.10.2011
- schaukelnde Sanddünen-Fahrt geht weiter; abwechslungsreiche, wunderschöne Landschaft und Vegetation.
- Gegen 10.00Uhr, die Black Beauty kann nicht mehr in Allradbetrieb geschalten werden (unabdingbar für Sanddünen-Querungen). Kapitän Nico kann die Black Beauty jedoch schnell wieder seeklar
machen, hatten auf der Rüttelstrecke eine Schraube verloren.
- Passieren heute den Desert Oak Forest (Wüsteneichenwald) sowie die Brunnen 38, 37 (mit den Gräbern einiger Viehtreiber , die 1911 von Aborigines ermordet wurden), Brunnen 36 mit dreckigem
Wasser, aus dem erst im August ein totes Kamel gezogen werden musste (ganz dummer Mittags-Platz mit verwesendem Kamel um die Ecke), weiter vorbei an Brunnen 35 und 34 bis zum intakten Brunnen 33
nahe der Gemeinde Kunawarritji, frisches, gutes Wasser!
- Glucksige Laute, wie ein überdimensionaler blubbernder Abfluss, wecken uns in der Nacht auf, einige Kamele sind ans Wasserloch gekommen, was für Geräusche!
10.10.2011
- nehmen neuen Kurs auf Kidson Track und Küste. Der Treibstoffverbrauch in den Sanddünen ist zu hoch und somit das Risiko zu groß, den zweiten, längeren Teil der Canning Stock Route eventuell
nicht zu schaffen.
- kein hoher Seegang, keine schaukelnden Sanddünen mehr
- passieren den trockenen Salzsee Lake Auld
- treffen auf mehrere Kamelherden, die vor unserer Black Beauty her rennen, super lustig!
- erreichen am Nachmittag die idyllische Razorblade Bore; intakte Windmühle, die frisches Wasser pumpt, umgeben von einigen schattenspendenden Gumtrees, schlagen Camp auf
11.10.2011
- werden zu Sonnenaufgang von einem bellenden Dingo geweckt
- nach dem Aufstehen große Schwärme von Wellensittichen beobachtet, die aufgeregt Formationen um den Brunnen geflogen sind
- weitere Reise durch relativ gleichbleibendes, weites Land der Great Sandy Desert
- können nur halbe Kraft voraus fahren, da der Kidson Track sehr verwaschen und oft mit Büschen überwachsen ist.
- ankern erst kurz vor Sonnenuntergang, da es keine schattenspendenden Bäume mehr gibt
- Schlange im Camp, versteckt sich erst unter Michael’s Swag, dann im Rad des Hilux
12.10.2011
- ruhige See (begradigte Strecke) bis zu den Küsten-Gewässern
- erreichen den Highway an der Küste zu Mittag und den belebten Hafen des Sandfire Roadhouse kurze Zeit später
04.10-2011 – Halls Creek (Canning Stock Route Infos, Telefonkarten und Bottle Shop…)
Halls Creek ist der Ausgangspunkt für unser nächstes Abenteuer, die Canning Stock Route, Australien’s längste Offroad-/Wüstenstrecke. Es ist die letzte Stadt vor dem südlichen Ende der Offroadstrecke, also wollen wir hier noch einige Informationen zum bevorstehenden Trip einholen.
Die Auswahl einer geeigneten Unterkunft ist nicht schwer, es gibt 2 Hotels und einen Campingplatz. Dieser hat zwar kein Gras und keinen Schatten, wird aber wohl oder übel unser zu Hause für eine Nacht.
Anlaufpunkt für Informationen zur Canning Stock Route (CSR) ist natürlich die Touristeninformation, die jedoch keine Informationen für uns hat und uns zur Polizei gleich gegenüber schickt. Ein Zettel an der Polizeistation besagt jedoch, dass man für Infos zur CSR zum Shire Council (eine Art Bezirksamt) gehen soll. Das Shire Council wiederum weiß von diesem Zettel und der Canning Stock Route überhaupt nichts, recherchiert aber immerhin ein paar Telefonnummern für uns.
Nun brauchen wir also eine Telefonkarte für die beiden öffentlichen Telefone neben dem Freibad. Auf der Suche nach der Telefonkarte lernen wir mit Ausnahme der Fleischerei wirklich alle Geschäfte
Halls Creeks kennen. Das klingt aufwändiger als es ist, es gibt nicht so viele.
Während wir diese also abklappern, werden wir auf einen Zettel aufmerksam: „Ein Typ will die Canning Stock Route mit 2 Kamelen bereisen und bittet die besser motorisierten Mitreisenden um eine
Verpflegungslieferung auf halber Strecke, weitere Infos und Verpflegungspaket gibt es bei Aileen im Bottle-Shop“. Bottle Shop klingt prima, ein kühles Cider würde mir den Tag im heißen Halls
Creek sowieso versüßen.
Nun ist es jedoch in Halls Creek per Gesetz verboten, Alkoholika, die stärker als 3,5% sind zu verkaufen. Das heißt, der Bottle Shop führt zwar alles vom Dosenfisch bis zum
Nasenhaarschneider und auch Korkenzieher und Weinkühler kann man kaufen, aber an alkoholischen Getränken gibt es nichts als eine einzige Sorte Light-Bier.
Also kein Cider heute, dafür war das Betreiberehepaar wirklich goldig. „Der Typ mit den Kamelen sei längst durch, hat seine Verpflegung auch planmäßig erhalten. Die Kamele hätten sich an den
Abfällen des Halls Creeker Gemüseladens nochmal fett gefressen. Alles gut, aber Danke für das Angebot. – Weitere Infos zur CSR, na in der Touristeninfo natürlich…“, meinten sie und waren außer
sich, als wir erzählten, dass weder Touri-Info noch Polizei oder Shire Council uns weiterhelfen konnten. Nun wurde gleich jeder neue Kunde befragt, das Telefonbuch gezückt und wild
rumtelefoniert. Leider nur mit mäßigem Erfolg, woraufhin sie dazu über gingen, uns zu erzählen, dass sie ja auch viel reisen. So schnell kommen wir aus dem Laden nicht mehr raus, das war klar.
Spätestens als er eine Pillendose zückte, in der er tatsächlich einige Gold-Nuggets aufbewahrte, während sie sich darüber beschwerte, dass er das Telefonbuch nicht an seinen
Platz zurück gelegt hat und dann schwärmte, dass sie den Diamanten vom Verlobungsring aus erster Ehe in die Goldnuggets einfassen lassen und als Halskette tragen wolle…
Irgendwann später am selben Tage haben wir dann auch noch eine Telefonkarte bekommen, oder zumindest sowas ähnliches, womit wir nach dem Eingeben von zig Nummernfolgen tatsächlich noch einige Telefonate machen konnten und morgen wollen den staubigen Campingplatz Richtung Canning Stock Route verlassen.
03.10.2011 – zurück durch die Kimberleys, aber nicht in die Bungle Bungles
Um zum Ausgangspunkt unserer nächsten Etappe zu gelangen, führt uns unser Weg nochmal zurück durch die Kimberleys mit ihren vielseitigen roten und schwarzen Bergketten. Auf dem relativ langweilig
zu fahrenden, asphaltierten Great Northern Highway wollen wir nach Halls Creek und uns danach die Bungle Bungles ansehen.
In Fitzroy Crossing hören wir jedoch erstmals, was uns in Halls Creek nochmal bestätigt wird, an der Zufahrtsstraße zu den Bungle Bungles wüten Waldbrände. Deswegen kann man dieses einzigartige
Gebirge, das tatsächlich erst in den 80er Jahren entdeckt worden ist, derzeit nur mit Flugzeug oder Helicopter besuchen. Also muss für uns der Besuch der Bungle Bungles leider ausfallen.