Frühling in Bondi Beach


20.08.2010 – Unit 7 / 136 Campbell Pde.

 

Ich konnte das Timbarra Valley natürlich nicht verlassen, ohne mich nochmal gründlich zu ärgern. Der Drache hat mir unter nem Vorwand 70$ von meinem Gehalt abgezogen und mir dazu noch nen 2seitigen Brief gereicht, der ausdrückt, dass sie ihre Zeit damit verschwendet hat, mich einzustellen und ich bin eine Enttäuschung auf ganzer Linie. Sowas ist mir ja auch noch nicht passiert. Zu allem Überfluss waren auch noch die Batterien in meinem MP3-Player alle, so dass ich nicht mal Mucke hören konnte im Auto. Aber vielleicht auch besser so, sonst hätte ich nur aufs Gaspedal gedrückt und der alte Skullwagon hätte noch mehr Sprit verbraucht, als er im Stadtverkehr sowieso schon frisst.

 

Anyway, irgendwann war ich auf der Harbour Bridge, stadteinwärts nach Sydney (ich weiß immer noch nicht, wie das hier mit der Maut-Bezahlung laufen soll) und bin irgendwie durchs Citycenter nach Bondi gekurvt. Mittlerweile verstehe ich die Leute, die nicht in Berlin Auto fahren wollen. Stadtverkehr kann ganz schön belastend sein, wenn man 3-5 Spuren hat, die Ausschilderung schlecht ist und man nur ne einfache Straßenkarte hat, zum Glück war abends 19.30Uhr nicht mehr so viel los. Dann noch eine Runde Parkplatzsuche, was heißt eine Runde, eigentlich waren es mindestens 3, gefühlte 15 bis mir Damien zur Hilfe kam und einen Platz gezeigt hat, wo der Toyota-Opa erstmal über Nacht stehen kann und dann bringe ich ihn ein Stücken raus aus dem Zentrum.

Blick aus dem WG-Fenster
Blick aus dem WG-Fenster

 Nun gibt’s erstmal ein paar Tage dekadentes Stadtleben am Bondi Beach in der Franzosen-Altbau-WG direkt an der Strandpromenade. Habe meinen Schlafsack auf einer freien Matratze ausgebreitet, Damien hat Omelette Fromage zum Abendessen gemacht, dazu Vin Rouge und Gespräche über die gute alte Zeit in Calvert Hills.

 

Coast Walk nach Coogee
Coast Walk nach Coogee

21.08.2010 – Coastwalk to Coogee


Nachdem ich am späten Vormittag einen guten Parkplatz für meinen Skullwagon gefunden habe, fühlte ich mich richtig angekommen, now settle down. Erstmal zu McDonalds und seit längerem wieder ins Internet, da kam auch schon ne Nachricht von Damien, der oben in der Wohnung online war, ob wir dann an den Strand gehen – na klar! Aus einem kleinen Strandspaziergang ist der gesamte Coast Walk entlang der Strände Tamarama, Bronte und Clovelly bis Coogee geworden. In Coogee angekommen haben wir gemerkt, dass wir ganz schön gelaufen sind (5km, gefühlte 15 bei Wind und mitunter starken Anstiegen) und brauchten erstmal eine Stärkung im Biergarten, bevor wir zurückgehen und kurz vor Bondi bei Sonnenuntergang einige Delfine im Meer vorbeiziehen sehen konnten. Dann gab es Spaghetti Carbonara nach Francesca’s Rezept (unsere Köchin in Calvert) und 2 Filme am Computer. Ein ganz normaler, schöner Samstag in Bondi.

Haifischbecken
Haifischbecken

22.08.2010 – Fisch, Fisch, Fische und Haifische


Nach dem Aufstehen und Frühstücken, sprich am frühen Nachmittag, haben sich Damien und ich auf den Weg in die City gemacht. Zur Einstimmung auf die ganzen Fische haben wir erst einmal ein paar schöne Sushi-Rollen am Hafen gegessen und uns dann auf den Weg ins Aquarium gemacht. Dort haben wir neben den einheimischen See- und Flussbewohnern auch noch einmal die Artenvielfalt des Great Barrier Reefs bewundern können und wurden dann mit den Dugongs und Haien bekannt gemacht. Es war beeindruckend, gerade großen Meeresbewohner zu beobachten. Die gemütlichen Seekühe (Dugongs), die immer zu lachen scheinen. Riesige Rochen, mehr als 2m breit. Und wenn die Haie im Glastunnel über einen hinweg schwimmen und man ihr Gebiss von unten sehen kann, wird einem ganz anders. Wir haben so einige Stunden im Aquarium verbracht, es war ganz schön viel, was da so rumgeschwommen ist.
Als es auf dem Rückweg im Supermarkt um unser Abendessen ging, waren wir dem Fisch dennoch  nicht überdrüssig, im Gegenteil. Arme Backpacker wie wir aber sind, haben wir uns doch fürs günstigere Beef entschieden. Fisch ist bei Woolworth günstiger, also gibt’s den morgen wieder auf den Teller!

lazy am Bondi Beach
lazy am Bondi Beach

26.08.2010 – WG-Leben am Stadtstrand


Und wieder stellt sich eine Art Alltag/Normalität ein, die nach Calvert Hills, dem Reiseleben zwischen Cairns und Brisbane, Byron Bay bei Hans und der Pferderanch am Ende nun wieder ganz anders aussieht, nennen wir es mal WG-Leben am Stadtstrand.
Ich habe ja bereits am ersten Tag in Bondi festgestellt, dass es hier wie in Berlin ist, wenn Berlin einen Strand hätte (und ich meine nicht das Strandbad Wannsee). Dies ergänze ich jetzt mal einfach um die Aussage „und wenn in Berlin am Meer überwiegend Franzosen wohnen würden“.

 

 Nach den Ranches und dem Urlaub mit Mutti hatte ich mich ja tatsächlich ans frühe Aufstehen gewöhnt, doch hier in französisch-Berlin am Meer kehrt man ganz schnell zu alten Gewohnheiten zurück. Am späten Vormittag aufstehen, ein bisschen rumbummeln, raus in die Sonne, Café Latte in einem der vielen Cafés und dann überlegen, was man mit dem Rest des Tages noch so anfängt, was der Tag mit einem anfängt oder ob man überhaupt noch was anfängt oder einfach am Strand bleibt. Dieser ist derzeit auch noch nicht so überlaufen, da es noch relativ frisch, aber dennoch sonnig ist. Frostbeule wie ich bin, war ich natürlich noch nicht im Wasser.

 

Wenn man doch was mit dem Tag anfängt, dann vielleicht in die Stadt fahren und mit nem deutschen Mädel ins Sydney Wildlife Experience (eine Art Indoor-Zoo) gehen, wie am Dienstag. Auf den Sydney Tower will ich ja auch noch, aber ich habe ja noch bis voraussichtlich Montag Zeit bis es wieder Richtung Norden und Byron Bay geht.

 

Das WG-Leben wird nun auch lebhafter, die Mitbewohner trudeln langsam aus dem Neuseelandurlaub wieder ein.
Mich wundert immer, dass WG-Herde so sauber sind,  bis mir einfällt, na klar, weil ja keiner kocht. Schon gar nicht, wenn man den ganzen Tag den Duft von frisch Gegrilltem in den Restaurants unten in der Straße in der Nase hat.  Dann geht man abends lieber schnell nen Burger bestellen, wartet 10 Minuten im Mondschein am Strand und dann gibt’s ein lecker frisch gegrillten Burger mit Salzgurke und richtigen Pommes auf dem Sofa (ich rede übrigens nicht  von McDonalds, sondern von nem „echten“ Burger). Tja und dann stellt sich die Frage, Ausgehen oder lieber doch nen Film zu Hause gucken…?!  Bisher haben wir uns überwiegend für Filme entschieden (arme Backpacker) aber Freitag ist ne Geburtstagsparty und Samstag vielleicht nochmal im Citycenter ausgehen…

27.08.2010 – Großstadt


Nach einem Gläschen Wein mit den französischen Mitbewohnern am Darling Harbour habe ich noch etwas Zeit in Sydney totzuschlagen. Wo macht sich das für ein Mädchen besser als beim Einkaufsbummel, denke ich und schlendere zu den Paddy’s Markets. Alles ist bunt, glitzernd, schillernd, laut, überladen und überlaufen. „One for 10$ or 2 for 15$“- Schilder wollen mich dazu verleiten irgendwas zu kaufen, was irgendwann nicht mehr in meinen Rucksack passen wird.

Kurze Zeit später laufe ich die George Street von Chinatown Richtung Circular Quay.  Laufen kann man es kaum nennen, sich mit und durch die Menschen zu schlängeln. Der Strom wird ab und an durch eine Ampel  angehalten und bewegt sich geschäftig weiter, wenn sie auf grün schaltet. Schick gekleidete Businessleute, Inder, Asiaten, viele haben Handys am Ohr, die moderneren nur noch einen Bluetooth-Empfänger ins Ohr geclipt und scheinen ins Leere zu sprechen, dazwischen einige planlose Touristen über die man fast stolpert und ab und an ein paar zottelige, relaxte Backpacker, aber die meisten Menschen laufen eher hastig umher.  Ich kann kaum sagen, welche Tageszeit es ist, da die Sonne durch die hohen Gebäude kaum bis zu uns nach unten dringt. Erst als ich Circular Quay langsam erreiche, Harbour Bridge und Opera House sehe und sich der Gebäudedschungel langsam lichtet und die Häuser in den Rocks kleiner werden,  kann ich sehen, dass sich der Himmel über dem Hafen langsam rosa färbt und Abendstimmung in Sydney einkehrt.
Dann denke ich daran, dass ich vor einigen Wochen noch mitten im Bush war. Eigenartig, wie sich die Wege hier in Australien in kürzester Zeit finden. Ich würde nicht in einer WG im trendigen Bondi wohnen und nun über die George Street hasten,  wenn ich meine Mitbewohner nicht im Bush getroffen hätte.  Andererseits kann ich mir gerade kaum vorstellen, dass sich Outback und Sydney auf demselben Planeten, demselben Kontinent, ja im selben Land befinden. Aber ich werde daran erinnert, dass die Cowboys  gar nicht so weit sein können, als ich mit meinen Cowboyboots in den Bus einsteige, der Busfahrer einen Jacaru-Hut trägt und aus seinem Radio Jon Bon Jovi „Blaze of glory“ singt. Manchmal verschlägt es Cowboys und –girls eben in die Stadt.

28.08.2010 – ein trauriger Tag


Und  dann steht man an einer Klippe. Der Mond geht über dem Meer auf und spiegelt sich im Wasser, dass tief unter einem tost. Auf der anderen Seite glitzert Sydney mit tausenden von Lichtern, Bondi Beach ganz nah, Citycenter und Harbour Bridge weit entfernt am Horizont. Noch während ich überlege, ob mir das dunkle aufgewühlte Meer oder die schillernde Stadt besser gefällt, klingelt das Telefon und ich erfahre, dass zu Hause um die Mittagszeit einer der liebsten Menschen nun doch recht plötzlich von dieser Erde gegangen ist. Mir ist kalt und der Platz gewinnt eine andere Bedeutung für mich. Während auf der einen Seite das Leben tobt (es ist Samstagnacht in der Stadt und die Stadt liegt vor mir), so kann 3 Schritte hinter einem doch Dunkelheit und Tod lauern (nur 3 Schritte, Klippe, Absturz, ein Flug in den Tod und die tosende See wäscht alles hinweg, einzig der fahle Mond scheint darüber).
Ich starre die Klippe entlang aufs mondscheinerleuchtete, unruhige Meer und die Sterne und denke, dass am Himmel nun ein Stern mehr sein muss, der mich beobachtet. Ich glaube, wir müssen das Leben, das noch vor uns liegt nutzen und die Menschen, die bereits gegangen sind, in unseren Gedanken und Herzen immer mit uns sein lassen.

wieder auf der Fähre
wieder auf der Fähre

29.08.2010 – Manly & Tower


Noch einmal mit der Fähre nach Manly, denn wir haben noch Tickets für „Oceanworld“ und Manly war ganz gemütlich, um dort an einem Sonntagnachmittag zu bummeln.
Oceanworld ist verglichen mit dem Aquarium in Sydney kaum der Rede Wert. Wieder Fische und Haie, nur weniger und weniger liebevoll gestaltet.
Beim Bummel durch Manly kommen  wir darauf zu sprechen, welches nun der schönere Stadt-Strand ist, Bondi oder Manly. Für mich gewinnt eindeutig Bondi. Manly hat zu viele Neubauten und Neureiche und dadurch weniger Charme.
Die Fähre zurück nach Sydney geht um 16.45h, die Sonne steht bereits tief und die Ankunft in der Stadt, der Blick auf Harbour Bridge und Oper ist jedes Mal aufs Neue umwerfend.


Dann aber „vite, vite!“, um noch vor Einbruch der Dunkelheit auf den Sydney Tower zu kommen. Ich befürchte das Schlimmste, wenn ich an den Berliner Fernsehturm denke, Nummern ziehen und stundenlang warten bis man eine sms bekommt, dass man nun endlich zusammen mit einer Hammelherde von weiteren Touristen hochfahren kann. Aber hier passiert natürlich nichts dergleichen. Wir steigen in den Aufzug und kurze Zeit später befinden wir uns 260m über den Straßen Sydneys.  Die Sonne ist bereits untergegangen, die Stadt liegt im Zwielicht und nach und nach gehen überall die Lichter an, in den Gebäuden, auf den Schiffen, das Coca-Cola-Schild über Kings Cross, im Hyde Park und die Kathedrale wird angestrahlt, Darling Harbour glitzert, die Oper ist durch die hohen Gebäude des Citycenter kaum zu sehen, ebenso verdeckt ein häßliches Hochhaus fast den Blick auf die Harbour Bridge, aber man kann den Hafen überschauen, von wo wir gerade aus Manly gekommen sind und wir überlegen, wo ungefähr Bondi sein muss. Der Blick nach unten in die Straßen ist eine einzigartige Perspektive und ich bin überrascht und finde, dass ich mehr Verkehr und Hektik erwartet hätte, aber von hier oben wirkt Sydney doch irgendwie ruhig.

à la maison
à la maison

31.08.2010 Au revoir Bondi


Es ist gut, wieder on the road zu sein, laute Musik zu hören und neuen Abenteuern entgegen zu fahren. Doch der Pacific Highway ist langweilig und ich denke zurück an eine reichliche Woche mit viel zu viel Café Latte;  vielen Fischen im Aquarium;  tollen Blicken über Sydney vom Tower und nachts vom Golfplatz in Bondi; vielen Strandspaziergängen ;  eine Geburtstagsparty im Neubau à la Andreasstr. (salutations à Nathalie); kambodschanisches Essen mit gebackenen Bananen in einer hippen Wohnung à la Berlin Mitte, mit Postkarte vom Club der Visionäre an der Wand; mein Zu Hause für eine Woche mit Blick auf Bondi Beach und einigem Vin Rouge, den ich an diesem Fenster getrunken habe; viele charmante Franzosen;  Omelette Fromage, Quiche Lorraine; Vollmond überm Strand;…
Doch meine Gedanken sind auch bei meiner Familie zu Hause und Erinnerungen an Omi. So sind wohl die Wege, die das Leben sich für einen ausgedacht hat.

 

Fortsetzung im Tagebuch Byron Bay.